Mit dem Fiat Grande Panda ist der Bestseller endgültig erwachsen geworden

Der Vorgänger befeuerte einst über den Preis die Massenmobilität – Der Nachfahre besticht durch Raum und Komfort

Der neue Fiat Grande Panda von vorn.

Es muss Anfang 1991 gewesen sein, als ich als junger Bub mit meiner Mutter vor dem Fiat-Autohaus in der Rhinstraße stand und wir überlegten, ob wir rein gehen sollten. Unser Saporoshez 968 – umgangssprachlich Saporosch – stand kurz davor, das Zeitliche zu segnen und so waren wir auf der Suche nach einer günstigen Alternative. Der Fiat Panda kostete damals in der Basisversion um die 10.000 D-Mark und war dadurch das günstigste Auto auf dem Markt.

Anfang der 90er Jahre – mitten im politischen sowie wirtschaftlichen Umbruch – war es keine einfache Zeit und so war selbst der kleine Panda für uns nicht erreichbar. Als Ersatz für unseren Russen fanden wir schließlich einen gebrauchten Golf I, der uns jedoch nicht viel Freude machen sollte. Doch zurück zum Panda. 1980 kam dieser als Nachfolger für den Fiat 126 auf den Markt und wurde bis 2003 fast unverändert über vier Millionen Mal gebaut. Der niedrige Preis wurde durch konsequenten Verzicht jeglicher Komfort-Optionen erreicht. Einige werden sich bestimmt an die einfachen Sitze und die damit verbundenen Rückenschmerzen erinnern. Auch sonst wurde alles weggelassen, was nicht unbedingt notwendig war. Handschuhfach? Sicherheitsfeature? Wozu? Lenkrad, ein langer Stock für die Schaltung und Geschwindigkeits- sowie Tankanzeige. Fertig war die Seifenkiste mit Motor, die sich genauso fuhr. Entsprechend wurde der Panda zu jener Zeit als ‚Haushaltsgerät auf Rädern‘ charakterisiert.

Fiat war mit dem Panda Elettra ein Pionier der Elektromobilität

Im Jahre 1990 wurde sogar eine elektrische Version des Pandas namens Elettra eingeführt. Mit den zwölf schweren 6-Volt-Blei-Gel-Batterien, welche insgesamt um die vierhundert Kilogramm wogen, waren jedoch nur rund 70 Kilometer drin und das ausschließlich im Stadtverkehr. Denn mit den lediglich 9,2 kW Leistung passte der E-Panda nicht auf Überlandstraßen. Entsprechend waren es am Ende fast nur die italienischen Kommunen, welche sich Exemplare dieser Kleinserie sicherten. Wahrscheinlich damit sich die Politessen lautlos an die unzähligen Parksünder in Rom, Turin oder Mailand ranschleichen konnten. 1992 wurde der Elettra optimiert. Die Motorleistung stieg auf stolze 17,7 kW an und die Blei-Batterien wurden durch Nickel-Cadmium-Elemente ersetzt, was zu einer Reichweitenerhöhung auf rund einhundert Kilometer führte. Wirklich erfolgreich wurde auch die zweite Version, die bis 1998 im Programm blieb, nicht.

Die Seitenansicht des Fiat Panda Elettra, welcher von 1990 bis 1992 gebaut wurde.
Der Fiat Panda Elettra unterschied sich kaum vom Original. Foto: Stellantis.

Es folgten der Fiat Nuova Panda (2003 bis 2012), danach die bis heute gebaute dritte Generation Panda/Pandina und dann ab diesem Jahr der brandneue Fiat Grande Panda. Mit diesem ist das Thema Verzicht nun endgültig Geschichte. Denn vor einem steht ein moderner Kleinwagen, bei dem weder beim Thema Sicherheit noch beim Komfort ein Kompromiss eingegangen werden muss. Es braucht natürlich schon einiges an Phantasie, um den alten Panda wiederzuerkennen. Deutlich aufgepumpt und nicht mehr so kantig, kommt dieser nun als Fünftürer angerollt. Ganz ehrlich, mit der Ur-Version haben die beiden Fahrzeuge nicht mehr als den Namen gleich. In der Länge unterscheiden sich der Ur-Panda und dessen Erbfolger um fast sechzig Zentimeter (3,41 zu 4,00 Meter) und in der Breite legte der Grande Panda um ganze 27 Zentimeter zu (1,49 zu 1,76 Meter). Zusammen mit dem längeren Radstand ergibt sich ein schon fast luftiger Innenraum, welcher auch den Passagieren eine angenehme Mitreise ermöglicht.

Der Innenraum im Fiat Panda Grande wirkt modern und aufgeräumt. Anleihen an das Ur-Modell sind zu erkennen.
Im Innenraum haben sich die Designer vom Ur-Modell inspirieren lassen. Foto: Stellantis.

Mit 113 PS Leistung und 44 kWh Batteriekapazität entspannt unterwegs

Der Fiat Grande Panda teilt sich die Smart-Car-Plattform des Stellantis-Konzerns unter anderem mit dem Citröen C3 und dem Opel Frontera. Der Elektromotor verfügt über eine Leistung von 83 kW und der Lithium-Eisenphosphat-Akkumulator von SVolt besitzt eine Kapazität von 44 kWh. Damit soll der Kleinwagen bis zu 320 Kilometer weit kommen. Der Italiener, welcher im serbischen Kragujevac gebaut wird, wird damit weder zum Rennwagen (in knapp elf Sekunden auf 100 km/h, bei 132 km/h abgeregelt) noch als Reiselimousine zum Einsatz kommen. Der neue Grande Panda wird vor allem in der Stadt, dem Umland und auf den Bundesstraßen anzutreffen sein.

„Mit dem Fiat Grande Panda beginnen wir den Übergang zu globalen, gemeinsamen Plattformen, die alle Regionen der Welt abdecken. Die daraus resultierenden Vorteile geben wir an unsere Kunden weiter. Der Fiat Grande Panda eignet sich perfekt für Familien und urbane Mobilität in jedem Land – das neue Modell ist ein echter FIAT.“

Olivier Francois, CEO FIAT und Global CMO Stellantis

Was auffällt, der Grande Panda möchte sich nicht verstecken. Die markante Front mit der horizontalen Signatur des Tagfahrlichtes und dazu der angedeutete Unterfahrschutz zeigen Präsenz. Seitlich erinnert die Silhouette mit der Kastenform und der Kotflügelverbreiterung ein wenig an einen Geländewagen, man mag auch den Konzernbruder Jeep Avenger erkennen. Ebenso wissen die 17 Zoll-Felgen im X-Design zu gefallen. Das hochgezogene Heck mit den prägnanten LED-Rückleuchten runden den Auftritt perfekt ab. Mit knalligen Farben – unter anderem Limone Gelb, Passione Rot, Acqua Grün oder auch Luna Bronze – kann jeder seinen Panda finden.

Die Heckansicht des neuen Fiat Panda Grande.
Am Heck wirkt der Panda fast schon bullig. Foto: Stellantis.

Im Innenraum haben sich die Designer zwar vom Vorgänger inspirieren lassen, nur muss niemand mehr auf Komfort verzichten. Die ‚Gartenstühle‘ wurden durch komfortable Sitze ersetzt. Die große Ablage auf der Beifahrerseite findet sich zwar im Grande Panda wieder, diese wurde allerdings modern interpretiert und darüber befindet sich künftig ein Handschuhfach. Die Instrumententafel weist von der Form Ähnlichkeiten auf. Statt auf Tacho- und Tanknadel richtet sich der Blick nun jedoch auf ein digitales Kombiinstrument mit zehn Zoll und in der Mitte befindet sich ein 10,25 Zoll-Touchscreen für die Infotainment-Funktionen.

Die Sitze im Fiat Panda Grande bieten mehr Komfort als in den Vorgängern.
Statt der ‚Gartenstühle‘ gibt es heutzutage bequeme Sitze im Panda. Foto: Stellantis.

Mit der Ausstattung in der Neuzeit angekommen

Mit all den Veränderungen ist der Fiat Grande Panda natürlich nicht mehr das günstigste Einstiegsmodell auf dem Markt. Die Basisversion RED beginnt bei 24.990 Euro. Diese umfasst bereits die LED-Scheinwerfer, eine manuelle Klimaanlage, ein Infotainmentsystem mit Apple CarPlay und Android Auto sowie einen Spurhalte-Assistent. Dreitausend Euro mehr kostet der La Prima. Diese Variante verfügt dann zum Beispiel über eine Klimaautomatik, viele Designelemente (17 Zoll-Leichtmetallräder, Unterfahrschutz, Dachträger sowie Privacy-Verglasung hinten), eine induktive Ladestation für Smartphones sowie eine Ambientebeleuchtung. Optional kann für 500 Euro bei beiden Ausstattungslinien noch das Winter-Paket – wodurch Vordersitze, Lenkrad sowie die Windschutzscheibe beheizbar wären – dazu gebucht werden.

Motor/AkkuAusstattungPreis
113 PS/44 kWhRED24.990 Euro
113 PS/44 kWhLa Prima27.990 Euro

Zum Abschluss komme ich noch zu einem nicht unwesentlichen Thema der Elektromobilität: Dem Aufladen. Für das Gleichstromladen (DC) sollen beim Grande Panda bis zu 100 kW möglich sein, was in der Klasse und bei der Akkugröße einen recht guten Wert darstellt. Dadurch lässt sich der Stromspeicher in weniger als einer halben Stunde von zwanzig auf achtzig Prozent auffüllen. Für das AC-Laden an öffentlichen Ladesäulen sowie der heimischen Wallbox stehen bis zu elf kW zur Verfügung, womit eine Vollladung etwa vier Stunden dauern sollte. Optional wäre noch ein zusätzliches, festinstalliertes Ladekabel in der Front buchbar, welches sich nach Beendigung des Ladevorgangs wieder einrollen lässt. Nachteil dabei ist jedoch, dass mit diesem bloß einphasig geladen werden kann, wodurch an öffentlichen Ladesäulen maximal 7,2 kW möglich wären. Daheim verfügen die Stromanschlüsse zumeist nur über 16 Ampere, was die Ladeleistung durch dieses Kabel zusätzlich auf lediglich 3,6 kW begrenzen würde.

Der Fiat Panda Grande ist mit dem optionalen Ladekabel mit einer Ladesäule verbunden.
Optional gibt es ein festinstalliertes Ladekabel in der Front. Foto: Stellantis.

Fazit

Der neue Fiat Grande Panda ist zwar preislich unter dem Fiat 500 eingeordnet, doch ein Schnäppchen wird er dadurch nicht. Dafür ist der Neuling keine motorisierte Seifenkiste mehr, sondern bietet die heutzutage üblichen Sicherheits- und Komfortfeatures eines Kleinwagens. Ein großer Pluspunkt ist das flippige Design sowie die passable Reichweite. Trotzdem wird der Panda vor allem in der Stadt anzutreffen sein. Das optionale Spiralkabel würde ich nicht bestellen, da einphasiges AC-Laden bei der Akku-Größe für mich keinen Sinn ergibt.

Stephan Trosien
Über Stephan Trosien 24 Artikel
Gelernter Kfz-Mechaniker und Technikfan, der seine Leidenschaften mit dem Fahren von E-Autos kombiniert.

4 Kommentare

  1. Ein komplett anderes Auto, aber mega geworden. Bin gespannt, wie die Leasingangebote ein halbes Jahr nach Markteinführung aussehen werden. Vielleicht wird der dann auch auf der Kostenseite interessant.

  2. Es darf abgewartet werden, ob Fiat noch günstigere Fahrzeuge unterhalb des Panda ins Sortiment nimmt. Eine Art Zweisitzer mit zwei ‚Notsitzen‘ hinten. Maximal 3,50 Meter lang und trotzdem eine 40 kWh-Batterie. Wohl eher Wunschtraum…

  3. Ich bin früher die Schwester Seat Marbella gefahren. Mit 18 Jahren war das cool und ausreichend, heute würde ich da nicht mehr einsteigen.

    Der neue Panda hat natürlich nichts mehr mit seinen Vorgängern zu tun. Das ist ein völlig anderes Auto. Mir ist nur der Preis zu hoch. Es wird Zeit, dass solche Einstiegsautos für um die 15.000 zu haben sind.

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