In Jüterbog besteht bei den Ladepunkten noch sehr viel Nachholbedarf

Damit der Umstieg auf die E-Mobilität gelingen kann, braucht es ausreichend Ladestationen. Unterwegs in einer Ladesäulenwüste.

Der Ladepunkt bei Edeka in Jüterbog.

Die Politik und die Konzerne stellen sich den Umstieg auf die E-Mobilität sehr einfach vor und glauben, bereits alles für diesen getan zu haben. Dabei wird immer wieder übersehen, dass einige Städte und manchmal sogar ganze Landstriche von der Ladesäuleninfrastruktur fast abgeschnitten sind. Zu diesen Städten gehört auf jeden Fall auch Jüterbog, wo die lokale Politik sich gegen jede Art von Wandel sträubt.

Ladesäule hinter der Schranke

Je nachdem, welche Lade-App genutzt wird, werden aktuell bis zu vier Ladepunkte für die 13.000-Einwohner-Stadt angezeigt. Dies ist schon auf dem Papier für einen solch weitläufigen Ort mit vielen Ortsteilen sehr wenig. Bei genauer Betrachtung wird dies jedoch noch problematischer. Aus Berlin kommend, wird im dortigen Gewerbegebiet direkt eine Säule auf dem Parkplatz eines Autohauses angezeigt, welche angeblich rund um die Uhr zur Verfügung steht. Wer dort vorbei fährt, wird schnell merken, dass diese oft von Fahrzeugen des Händlers blockiert und außerhalb der Geschäftszeiten das Befahren des Parkplatzes durch ein Tor versperrt wird. Ein Phänomen das recht häufig die Ladesäulen von Autohäusern betrifft. Warum diese trotzdem als ‚24/7‘ vermerkt sind, dürfte wohl an den daraus resultierenden Vorteilen liegen.

Der Ladepunkt auf dem Parkplatz des Hotels Bergschlösschen in Jüterbog.
Der einzige öffentliche Ladepunkt in Jüterbog befindet sich am Hotel Bergschlösschen.

Wer dann weiter Richtung Stadtkern fährt, bekommt bei Google Maps kurz vor der Total-Tankstelle einen weiteren Ladepunkt bei einem Autohaus angezeigt. Diese Säule existiert bereits seit Anfang 2021 nicht mehr, wird in verschiedenen Apps jedoch noch geführt. Keine Sorge, Hoffnung naht. Direkt hinter der Tankstelle folgt das Hotel Bergschlösschen und wer an der Ampel zwei Mal rechts abbiegt, landet auf dem Hotelparkplatz, wo sich – ich nehme es vorweg – die einzige, richtige Ladesäule mit zwei Typ 2-Steckdosen befindet. Der Besitzer hat auch gleich weitergedacht und direkt daneben einen Snack-Automaten aufgestellt und auf den Dächern seiner Gebäude befindet sich eine große PV-Anlage. So sollte es im Grunde überall sein. Warum ist dies der einzig richtige öffentliche Ladepunkt in der Stadt? Es gibt zwar noch bei Edeka am Bahnhof Jüterbog eine kostenlose Ladesäule, diese wurde jedoch bei Ladeleistung und Nutzungsdauer mittlerweile eingeschränkt. Bis 2024 konnte dort mit voller Leistung auch nachts und am Wochenende geladen werden, was dann nachteilig für den Besitzer selbst von Gewerbetreibenden ausgiebig ausgenutzt wurde. Zum Beispiel hingen die Fahrzeuge der örtlichen Fahrschulen stundenlang am Stecker, was für einigen Unmut sorgte.

Blick auf die Ladesäule auf dem Edeka-Parkplatz in Jüterbog unweit vom Bahnhof.
Auf dem Edeka-Parktplatz kann während der Geschäftszeiten kostenlos nachgeladen werden.

Platz wäre genug

Damit bleibt nur der eine öffentliche Ladepunkt am Bergschlösschen für insgesamt 12.000 Einwohner. Wie unter diesen Bedingungen die Bewohner aus den Mehrfamilienhäusern oder den Ortsteilen dazu gebracht werden sollen, auf ein E-Auto umzusteigen, ist unklar. Selbst die vielen Discounter und Supermärkte – abgesehen von dem bereits erwähnten Edeka – verzichten bislang auf den Bau von Stromtankstellen, wie es anderenorts üblich ist. Dabei wären rund um die Altstadt genug Parkplätze vorhanden, um für Einwohner und Touristen gleichermaßen entsprechende Angebote zu schaffen. Die großen Parkflächen am Konrad-Wachsmann-Platz oder am Ende des Toom-Baumarktes würden sich hierfür anbieten. Auf dem großzügig geplanten Parkplatz gegenüber der Sporthalle im Neuheimer Weg steht sogar schon ein Trafohäuschen, so dass der Aufwand überschaubar wäre.

„Wenn sie eine Million Ladesäulen bis 2025 in Deutschland aufstellen wollen, müssen jeden Tag 360 Stück installiert werden. Dafür gibt es nicht genügend Handwerker, ganz zu schweigen von den langwierigen Genehmigungsverfahren.“

Daniel Hager, Chef der Hager-Gruppe, bereits Anfang 2020 zu dem größten Hemmnis der Ladeinfrastruktur

Ohne die Schaffung einer Ladeinfrastruktur wird jedenfalls für viele Einwohner der Stadt ein Umstieg nicht möglich sein. Denn was bringen die vielen schicken Modelle, wenn die Möglichkeit fehlt, diese mit Strom zu versorgen. Es braucht Säulen in den Wohngebieten und an den touristischen Hotspots. Zum Beispiel im Ortsteil Kloster Zinna gibt es in der Bahnhofstraße einen großen Parkplatz für Touristen, die das dortige Klostermuseum, die angrenzenden Restaurants sowie die beiden Pensionen besuchen wollen. Am Rand dieser Parkfläche steht eine Trafostation, von welcher sich mit Sicherheit zwei Ladesäulen mit jeweils zwei Typ 2-Steckdosen versorgen ließen. Während des Aufenthaltes im Ort könnten Besucher so gleichzeitig die Batterien ihrer Fahrzeuge wieder auffüllen. Dieser Parkplatz ist auch für die Anwohner der Mehrfamilienhäuser im Sandgarten bestens erreichbar, so dass eine Win-Win-Situation entstehen würde. Was fehlt, ist der politische Wille.

Eine Trafostation wäre auf dem Parkplatz in der Bahnhofstraße in Kloster Zinna bereits vorhanden.
Eine Trafostation befindet sich in Kloster Zinna direkt neben dem großen Parkplatz.

Ich selbst war lange Zeit auf eine öffentliche Ladesäule angewiesen, welche rund fünf Kilometer entfernt war. Dies bedeutete für mich, mit dem Auto hinfahren, anschließen und dann mit dem Tretroller wieder heimwärts. Nach vier Stunden dann wieder mit dem Tretroller zum Auto, um den Ladevorgang abzuschließen. Und diese Prozedur hat sich stetig wiederholt – egal wie das Wetter sich verhielt. Ich kann da ganz gut nachvollziehen, wie wichtig eine gut erreichbare Stromtankstelle ist und bin froh, irgendwann einen Elektriker gefunden zu haben, dem es gelang, bei mir eine Wallbox zu installieren. Zudem kann ich gut verstehen, dass sich genau wegen dieser Schwierigkeiten so viele Menschen dem Umstieg auf ein E-Auto verwehren.

Öffentliche Ladepunkte in Jüterbog und den Ortsteilen

StandortSteckertypÖffnungszeiten
Hotel Bergschlösschen, Zufahrt über Grünaer Weg2 x Typ 224/7
Edeka Habedank, Schloßstraße 922 x Typ 2
kostenlos
während der Öffnungszeiten des Edeka
Total Tankstelle, Luckenwalder Straße 19CCSim Bau

Die Probleme in Jüterbog sind typisch für so viele Städte in Deutschland. Auf der einen Seite wird gern von der Mobilitätswende gesprochen und die Konzerne schieben immer wieder neue Modelle in den Markt. Auf der anderen Seite fehlt die passende Infrastruktur und somit die Bereitschaft der Kunden, sich mit den E-Fahrzeugen zu befassen. Entsprechend entsteht Frust bei Herstellern, Händlern sowie den Konsumenten. So wird das nichts mit der Abkehr von den fossilen Brennstoffen.

Kleiner Hoffnungsschimmer zum Abschluss

Zu einer Verbesserung der Situation in Jüterbog möchte aktuell die Total-Tankstelle neben dem Bergschlösschen beitragen. Dort wurde im hinteren Bereich angefangen, die Erde aufzubaggern, um Platz für Schnelllader zu schaffen. Wie viele es am Ende werden und welche Leistung dort dann maximal abgerufen werden kann, ist gegenwärtig noch nicht bekannt. Natürlich ist auch dies nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Als Hoffnungsschimmer für eine bessere Zukunft dient dieses Projekt aber allemal.

Stephan Trosien
Über Stephan Trosien 24 Artikel
Gelernter Kfz-Mechaniker und Technikfan, der seine Leidenschaften mit dem Fahren von E-Autos kombiniert.

6 Kommentare

  1. Warum soll man sich ein E-Auto kaufen, wenn unklar ist, wo dieses geladen werden kann. Es hätte zunächst in die Infrastruktur investiert werden müssen. So bleibt es in erster Linie ein Thema für Eigenheimbesitzer.

  2. Es ist immer das gleiche Problem. Viele Kommunen machen nichts, weil angeblich kein Bedarf durch zu wenige E-Autos da ist. Und die Kunden kaufen keine E-Autos, weil keine Lademöglichkeiten da sind. Auf diesem Weg wird es keinen Wandel geben.

    • Es wird erstmal nur etwas für Eigenheimbesitzer oder aber für Fahrer in Großstädten bleiben. Dort sieht es mit Ladern gar nicht so schlecht aus. In vielen dünnbesiedelten Gegenden ist dagegen nichts zu machen. Weite Teile von Schleswig-Holstein sind ebenso abgehängt.

  3. Ich würde in 100 Jahren nicht mit dem Roller zu einer Ladestation fahren und das noch über einen längeren Zeitraum hinweg. Das muss ich nicht haben. Dabei habe ich kein Problem mit E-Autos, nur muss das Aufladen einfach umsetzbar sein.

  4. Dann fährt man aufs Land und geht davon aus, dass es die Ladesäulen auch gibt und dann steht man vor einer Schranke. Ich finde die Praxis nicht weniger Autohäuser mehr als fraglich. Ich hatte es auch schon, dass mich Mitarbeiter eines Autohauses vom Ladeplatz vertrieben haben, obwohl diese als öffentlich ausgegeben war. Subventionen einstreichen und dann die Leistung nicht erbringen…

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