Der elektrische Fiat 500e California ist für den urbanen Einsatz bestens geeignet

Klein, flink und sparsam - wir haben den kleinen Italiener getestet.

Fiat 500e Front

Der Fiat 500e in seiner 2012er Variante war nie für den europäischen Markt gedacht. Der damalige Fiat Chrysler-Konzern ließ den Kleinwagen im mexikanischen Toluca einst produzieren, um diesen ausschließlich in Kalifornien (daher auch der Beiname California), Oregon sowie Maryland zu verkaufen. In diesen US-Bundesstaaten war es nämlich damals verpflichtend, ein elektrisch angetriebenes Fahrzeug im Angebot zu haben. Um die Kosten für dieses nicht gewollte Produkt im Rahmen zu halten, wurde sich für das kleinste Fahrzeug im Portfolio entschieden. Die Karosserie wurde dazu aus dem polnischen Tichy, wo seit 2007 die Verbrenner-Variante des Fiat 500 gebaut wurde, nach Mexiko geliefert und die Technik stammt von Bosch aus Deutschland. Für den Massenmarkt war der fertige 500e jedoch nie gedacht.

„Ich hoffe, Sie kaufen es nicht, denn jedes Mal, wenn ich eines verkaufe, kostet es mich 14.000 Dollar.“

Fiat-Chrysler-Chef Sergio Marchionne

In dem Land der Muscle Cars und Pickup-Trucks wurde der kleine Italiener fast schon erwartungsgemäß ignoriert. Zu klein, zu teuer und für das weite Land mit viel zu geringer Reichweite. Amerika war und ist das unpassende Umfeld für einen solchen Stadtflitzer. Mit vergünstigten Leasing-Angeboten wurde die Produktion unter das Volk gebracht und danach als gebrauchte Modelle regelrecht verramscht. So ist es dann auch wenig verwunderlich, dass sich einige Importeure zeitweilig darauf spezialisiert hatten, diese Fahrzeuge nach Europa zu holen und an die hiesigen Vorschriften anzupassen. In Norwegen, Dänemark, den Niederlanden, Deutschland sowie Österreich trafen diese auf freudige Abnehmer.

Reichweite und Batterien im Fiat 500e

Neben dem für damalige Verhältnisse günstigen Preis für ein E-Auto war es natürlich von Vorteil, dass der Fiat 500 in Europa bereits eine breitaufgestellte Fangemeinde hatte. In den engen, europäischen Städten kann der Flitzer all seine Vorteile ausspielen und die Distanzen sind einfach geringer. Und so kommen wir gleich zum wichtigsten Wert eines batterieelektrisch angetrieben Fahrzeugs – der Größe es Akkus. Die 97 Lithium-Ionen-Zellen mit insgesamt 364 Volt – welche unterhalb des Bodens und der Rücksitzbank angeordnet sind – haben eine Gesamtkapazität von rund 24 kWh (brutto), von denen tatsächlich etwa 20 kWh genutzt werden können (netto). Die Akku-Module stammen übrigens von Samsung-SDI, die in ähnlicher Form auch im BMW i3 verbaut worden. Mit Hilfe eines Wasser-Glykol-Gemisch werden diese samt dem AC/DC-Wandler auf der richtigen Betriebstemperatur gehalten.

Seitenansicht des Fiat 500e California.
Seitenansicht des Fiat 500e California mit den extra eingetragenen Begrenzungsleuchten.

Offiziell sollen mit dem Akku 160 Kilometer bei einem Verbrauch von 13 kWh auf einhundert Kilometern möglich sein. Wenn das Wetter passt, die Strecke nicht allzu anspruchsvoll ist und der Fahrstil entsprechend defensiv. Im Alltag sind 120 bis 140 Kilometer – im Winter eher um die 90 bis 110 Kilometer – möglich. Dies hört sich im ersten Augenblick sehr wenig an, doch gilt zu bedenken, dass 53 Prozent der deutschen Autofahrer weniger als 25 Kilometer am Tag zurücklegen. Und an genau diese Gruppe richtet sich dieses Fahrzeug.

Wenn der Akku dann leer ist, steht das Aufladen auf dem Programm. Dem Alter entsprechend, ist dies etwas anders als bei modernen Fahrzeugen. So fehlt der CCS-Schnelllader und statt einem Typ 2-Stecker steht für das AC-Laden nur ein Typ 1-Stecker zur Verfügung. Entsprechend braucht es einen passenden Adapter, der dann auch mitgeführt werden sollte. Wenn dann alles verbunden ist, steht an der heimischen 16A-Wallbox aufgrund der einen Phase eine maximale Ladegeschwindigkeit von 3,5 kW zur Verfügung. Dies bedeutet bei einem leeren Akku eine Ladedauer von rund sechs Stunden. Öffentliche Ladesäulen verfügen zumeist über 32 Ampere, wodurch die Ladegeschwindigkeit bis auf 6,6 kW ansteigt und sich die Zeit am Ladepunkt auf drei bis dreieinhalb Stunden verringert. Als dritte Variante steht das Laden mit dem mitgelieferten Ladeziegel an einer 230-Volt-Schukosteckdose zur Verfügung. Mit den dortigen zwölf Ampere wären 2,6 kW möglich, was bedeutet, dass ein leerer Akku nach rund sieben Stunden wieder voll wäre. Bei letzterer Variante sollte jedoch unbedingt ein Elektriker die Leitung prüfen, da ältere Leitungen diese Dauerlast nicht immer aushalten. Die Sicherheit sollte hier im Vordergrund stehen.

Fahrspaß garantiert

Lediglich 1.365 Kilogramm hat der Motor von Bosch (Typ SMG 180/120) zu bewegen, was für ein E-Fahrzeug wirklich wenig sind. Dafür stehen 83 kW sowie ein maximales und früh anliegendes Drehmoment von 192 Newtonmetern zur Verfügung. Entsprechend spielerisch kann das Fahrzeug mit dem Fahrpedal gesteuert werden. Kein Vergleich zu den sonst verbauten Zwei- und Dreizylinder-Motoren der Italiener. Vor allem aus dem Stand bis 60 Km/h verfügt der 500e über einen kräftigen Anzug und das Problem ist eher, die Kraft auf die Straße zu bekommen. Denn gerade bei nasser Fahrbahn ist die Antischlupfregelung hoffnungslos überfordert und die Reifen drehen durch. Dies ist beim kräftigen Rausbeschleunigen aus Kurven nicht ganz ungefährlich und der jeweilige Fahrer sollte entsprechend sensibel mit dem Strompedal umgehen.

Sportlicher Auftritt dank Elementen von der Abarth-Ausführung.
Sportlicher Auftritt dank Elementen von der Abarth-Ausführung.

Zu einem weiteren Vorteil gegenüber den Verbrenner-Modellen gehört der tiefe Schwerpunkt, welcher sich durch das Gewicht des Akkus ergibt. Das Mehrgewicht gegenüber den Verbrennern liegt bei 350 bis 400 Kilogramm. Wer die Serienvarianten bereits gefahren ist und auf den 500e umsteigt, wird darüber erstaunt sein, wie sehr der oft zum wanken neigende Fiat plötzlich an der Straße klebt. Enge Kurven sowie plötzliche Spurwechsel sind so kein Problem. Dies bedeutet jede Menge Fahrspaß, auch weil das Fahrpedal sehr direkt jeden ‚Wunsch‘ umsetzt. Bis Tempo 100 geht dem Kleinen dann jedoch etwas Puste aus. Entsprechend stehen nicht so berauschende 8,7 Sekunden zu Buche und 137 Km/h ist dann bereits ganz Schluss.

Gehobene Ausstattung für einen Kleinstwagen

Zum Glück sind die Zeiten vorbei, in denen die Ausstattung solcher Kleinstwagen absolute Magerkost boten. Neben den Sicherheitssystemen mit ABS, ASR, sieben Airbags, automatisch abblendendem Innenspiegel und Nebelscheinwerfern bietet der Fiat auch einiges an Komfortausstattung. Eine vollautomatische Klimaanlange ist wie die Sitzheizung, eine Freisprecheinrichtung, Einparksensoren hinten, Lederlenkrad oder auch ein Tempomat serienmäßig an Bord. Hinter dem Lenkrad wartet das runde, digitale Kombiinstrument mit allen wichtigen Information auf. Dem Autoradio wurden vier Lautsprecher plus einem Subwoofern zur Verfügung gestellt. 2016 wurde das CD-Radio dann durch eines mit integriertem Navigationssystem und Touchscreen ersetzt. Bei Kauf ist an dieser Stelle jedoch Vorsicht geboten, da die meisten Fahrzeuge am Markt nur die US-Karten installiert haben. Als aufpreispflichtige Optionen gab es das große Glasdach, welches sich öffnen lässt, sowie eine Sonderedition mit schwarzen Scheinwerfern sowie Rückleuchten und orangefarbenen Spiegeldeckeln und Aufklebern an den Seiten.

Hinter dem Lederlenkrad befinden sich die aufgeräumten Instrumente.
Hinter dem Lederlenkrad befinden sich die aufgeräumten Instrumente.

Einsatzgebiet ist vor allem in der Stadt zu finden

Der Fiat 500 ist und bleibt ein Stadtauto. Bei einer Länge von ca. 3,65 Metern sowie einer Breite von ca. 1,63 Metern erwartet wohl auch niemand einen reisetauglichen Familienwagen und ich kenne auch keinen Vertreter, der mit einem Fiat 500 zu seinen Kunden fährt. Während es für Fahrer und Beifahrer ausreichend Platz gibt, geht es auf der Rücksitzbank stark beengt zu. Die Sitze dort sind im Grunde nur für Kinder bis 1,40 Meter oder den vierbeinigen Begleiter – wenn es sich nicht gerade um eine deutsche Dogge, Bernhardiner oder Dobermann handelt – geeignet. Im Kofferraum kommt dieser Kleinstwagen dann komplett an seine Grenzen. Bereits bei zwei Getränkekisten oder einem großen Paket stört die schrägabfallende Heckklappe und die Rücksitze müssen umgeklappt werden. Dies ist dann jedoch wieder extrem einfach, da die Knöpfe für das Umklappen ohne Probleme erreicht werden können. Die Sitze ragen einem beim Öffnen der Klappe förmlich entgegen und so ist es eher erstaunlich, dass Fiat sogar eine Laderaumabdeckung verbaut hat – die wahrscheinlich schmalste der Welt. Für einen Hut oder selbst einem Kinderbasecap ist auf dieser zumindest kein Platz.

Nähern wir uns also dem eigentlichen Verwendungszweck für solch ein Fahrzeug an. Dazu sei noch gesagt, dass Autobahnfahrten ebenso nicht dazu gehören. Bei flotter Fahrweise sinkt dort die Reichweite schnell unter die 80-Kilometer-Marke, was eine Tour von München an die Ost- oder Nordsee praktisch unmöglich machen sollte. Dazu sei noch einmal auf die bereits erwähnte lange Ladedauer verwiesen. Daher gehört der Fiat 500e einfach in die Stadt. Dorthin wo der Platz begrenzt und die Strecken kurz sind. Für Singles und Pärchen oder für eine Familie als Zweitwagen. Bei den dortigen Wegen zur Arbeit, zum Einkaufen oder zum Arzt kann der kleine Italiener all seine Vorteile aus den geringen Abmessungen mit samt dem agilen Motor ausspielen. Schnell von der Ampel weg, im fließenden Verkehr eine jede Lücke nutzen und auf dem Parkplatz auch in die engsten Nischen hinein. Das bringt Spaß. Wenn dazu das Radio schallt (zur Serie gehört ein kleiner Subwoofer im Kofferraum) und das optionale Glasdach geöffnet ist, ist die Welt auch im dicksten Stau in Ordnung.

Ansonsten wäre der Fiat 500e im gewerblichen Einsatz bei Pflegediensten, Essenslieferanten oder Kurieren ebenso bestens aufgehoben. Bei umgeklappter Rücksitzbank habe ich selbst bereits Kartons mit über 300 Kilogramm an Büchern in dem kleinen Italiener untergebracht und erfolgreich im Paketshop abgeliefert. Durch die tiefe Ladekante ist der Stauraum schnell und bequem be- bzw. entladen. Die niedrigen Unterhaltskosten dürften bei vielen Betrieben ebenso eine Rolle spielen.

Kofferraum des Fiat 500e California.
Mit umgeklappten Rücksitzen passt einiges in den kleinen Fiat rein.

Kosten für den Fiat 500e

Auf dem Gebrauchtwagenmarkt stehen immer wieder Exemplare des Fiat 500e California zum Ankauf zur Verfügung. Je nach Kilometerleistung kosten diese zwischen 6.000 und 9.000 Euro. Mehr sollte für diesen nicht mehr angelegt werden, da der Wert in den kommenden Jahren weiter rutschen wird. Wir auch bei den Verbrenner-Modellen ist der elektrische 500 bei der Teil- sowie Vollkasko sehr niedrig eingestuft, was einen niedrigen Beitrag nach sich zieht. Ich zahle bei der Schadenfreiheitsklasse 21 für die Vollkasko 240 Euro im Jahr.

Der realistische Verbrauch liegt inklusive Ladeverlusten bei rund 18 kWh pro einhundert Kilometern, was bei einem Strompreis von 30 Cent/kWh Kosten von 5,40 Euro für einhundert Kilometern bedeuten. Durch eine eigene PV-Anlage können diese entsprechend weiter gesenkt werden. Der kleine Fiat gilt als nicht sonderlich reparaturanfällig. Manch böse Zunge meint gar, dass der im polnischen Tichy gefertigte 500er der qualitativ beste seiner Art ist. Ich selbst musste bislang nur eine Glühlampe vom Bremslicht wechseln und im vergangenen Sommer hat die 12-Volt-Versorungsbatterie nach elf Jahren ihren Dienst quittiert.

Fazit

2022 habe ich nach einem kleinen Zweitwagen gesucht und die Wahl stand dabei zwischen einem Smart EQ Cabrio und dem Fiat 500e California mit Glasschiebedach. Ein Dach, was sich wenigstens teilweise öffnen lässt, war dabei Pflicht. Letztendlich fiel die Entscheidung auf den kleinen Italiener, da der Akku ein wenig mehr Kapazität und Reichweite bot und die Rücksitzbank zumindest im Notfall den Transport einer weiteren Person oder eines Hundes ermöglicht. Zudem steht bei umgeklappter Rücksitzbank ein deutlich größerer Stauraum zur Verfügung. Meinen Power-Zwerg habe ich dann in Dänemark gefunden und es musste vor der Zulassung ein Gutachten in einer Prüfstelle erstellt werden, welches mit rund 400 Euro zu Buche schlug. Dabei wurden Besonderheiten, wie die seitlichen Begrenzungsleuchten, eingetragen. Es macht Spaß, den 500er über die Straßen zu jagen. Dieser ist agil, passt in jede Parklücke und mit der Farbe Electric Orange Pearl ist dieser ein Farbtupfer auf den hiesigen Straßen. Wenn dann mal Transporte anstehen, passt bei umgeklappter Rückbank sehr viel in den Fiat hinein. Die große Ladeklappe und die niedrige Ladekante erleichtern dabei den Zugang. Für mich kann ich dabei abschließend feststellen, dass es zu der Zeit die richtige Entscheidung war.

Neben dem Smart dürften für viele ebenso der Drilling VW e-Up/ Škoda Citigo-e iV/Seat Mii Electric, Renault Zoe und Twingo, der elektrische Mini, Honda e oder der BMW i3 als gebrauchte Alternative interessant sein. Bei den Neuwagen kommt nun endlich auch im Kleinwagensegment Bewegung rein und es kommen aktuell viele interessante Fahrzeuge – wie der Renault R5, der Hyundai Inster, Leapmotor T03 oder auch der Citröen ë-C3 – auf den Markt. Diese bieten deutlich mehr Komfort und Reichweite als die ersten Kleinwagen im E-Segment, wodurch heute meine Entscheidung anders ausfallen würde.

Stephan Trosien
Über Stephan Trosien 20 Artikel
Gelernter Kfz-Mechaniker und Technikfan, der seine Leidenschaften mit dem Fahren von E-Autos kombiniert.

7 Kommentare

  1. Ich bin beide Varianten gefahren. Mit dem kleinen Zweizylinder ruckelt das Auto, ist irgendwie immer unruhig und vor allem fehlt die Gasannahme. Bei der elektrischen Variante ist das ganz anders. Der geht ab und hängt am Pedal. Nur so ab 90/100 kommt das Gefühl auf, dass die Kraft ausgeht. Die Lenkung ist auch nicht so schwammig.

  2. Mir wäre der tatsächlich zu klein. Ich mag es, wenn es luftiger zu geht. Und der Zugang zur Rücksitzbank ist echt ein Witz. Wem will man das antun.

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